Ecuador – The Seven Summits

15 Tage Expedition an der Straße der Vulkane!

Am westlichen Stadtrand von Quito, nahezu am Fuße des Hausberges Pichincha, liegt die kleine Pension Tambocajas von unserem Bergführer Marcelo. Hier auf schon über 2850 Meter überm Meer, akklimatisiert man quasi im Schlaf. Das gemütliche Refugium wird die ersten Tage Ausgangspunkt zum kulturellen „Einleben“ in Ecuador sein und Basis für zwei 4000er Vulkan-Besteigungen zum körperlichen „Einfühlen“ auf die Höhenlage. Hier trifft unsere bunte Bergsteigergruppe zusammen. Bunt meint hier die Bergerfahrungen, welche von jungen starken Sportkletterern über MarathonläuferInnen bis hin zum Cho Oyu-Besteiger (8201 m) reichte.

Uns alle einte ein Spruch auf einem T-Shirt: Wenn die Berge rufen, muss ich gehen! Auf sieben Vulkane soll uns die eher konditionell-knackige Expeditionsreise führen. Das Drumherum ist eher untypisch für eine Expedition: Vorwiegend Übernachtungen in Gästehäusern und einem Hotel, nur zwei kurze Nächte werden auf Berghütten verbracht. Also von dieser Seite betrachtet eine wirkliche „Komfort“-Expedition.

Ein besonders bergverrücktes Grüppchen trug das Urlaubs-Maximalziel auf dem Rücken ihrer schicken T-Shirts zur Schau: „Seven Summits – Ecuador“! Beim gegenseitigen Kennenlernen wurde jedoch schnell klar, dass der Spaß und die Freude am Bergsteigen Priorität haben sollen, und ja, wenn es dann noch mit den richtig hohen Vulkanen klappt, dann gibt’s einen Grund zur doppelten Freude!

Eingewöhnung im Zentrum von Quito und an der Mitad del Mundo

Zum kulturellen und höhenmäßigen Eingewöhnen besichtigten wir am ersten Tag das historische Zentrum von Quito und warfen vom El Panecillo einen Blick über das ausgedehnte Stadtgebiet (60 km Länge, 20 km Breite) umrahmt von Bergketten und Vulkanen. Alles mit den geschichtssicheren Kommentaren unseres bestens deutschsprechenden Bergführers. Gern hätte er schon von dem schönsten Berg geschwärmt, doch der Vorzeigevulkan Cotopaxi verbarg sich hinter einem Vorhang aus Wolken. Und wir lernen gleich, dass es in Ecuadors Anden überwiegend nur unberechenbares Wetter gibt und jenes hier von Osten aus dem Amazonasbecken kommt.

Zum Mittag am Äquator entschieden wir uns für eine südamerikanische Spezialität – gegrilltes Meerschweinchen und knipsten anschließend Erinnerungsfotos auf der Äquatorlinie, welche im 18. Jahrhundert mit aufwändigen Messungen bestimmt wurde. Der „richtige“ Äquator verläuft unscheinbar 240 m nördlich; modernen Vermessungstechniken dank. Das Wetter machte auf typisch ecuadorianisch-unbeständig und wir verließen die „Mitad del Mundo“ wegen des Regens schneller als gewollt.

An den Abenden in Quito bemühten wir uns weiter um eine gute Höhenanpassung, indem wir zum Abendessen eine halbe Stunde ins neue, moderne Quito liefen und dann die gleiche Strecke zurück bergan. Sozusagen eine Abwandlung einer Bergsteigerregel: „Tief essen und hoch schlafen ;-)!“

Pasachoa (4200 m), Guagua Pichincha (4794 m), Fuya Fuya (4279 m) und Imbabura (4621 m)

Nun erwartete uns jeden Tag einer der vier Eingeh-Viertausender mit täglichen Höhenmetern von anfangs 530 bis zu 1000. Vom Pasachoa (4200 m) blicken wir auf die dicht besiedelten Hochtäler und den letzten ursprünglichen andinem Bergwald. Bis auf den Guagua Pichincha (4794 m) sind alle Vulkane schon längst erloschen und jener noch Aktive stößt Schwefeldämpfe aus, die wir allerdings auf unserem Weg entlang der Caldera zum höchsten Punkt kaum wahrnahmen – allesamt anregende Wanderungen mit steigenden Anforderungen, was insbesondere die Steilheit angeht. Das Sahnestück dieser „kleinen“ Vulkane waren die leichten Kletterpassagen im Basalt vor dem Erreichen der Gipfel. Am Fuya Fuya (4279 m), über der unglaublich fotogenen Laguna Mojanda, gibt ein Seil unterm Gipfel zum Festhalten zusätzliche Sicherheit. Nur beim Imbabura (4621 m) kamen wir über steile Hänge und felsige Steige nicht bis zur Sahne, geschweige denn zum Gipfel, weil uns wiederholt heftiger Regen und kalter Wind bei 4285 m zu einem Streichresultat zwang. Zum Ruhetag in Otavalo suchten wir nach dem Ausschlafen vergeblich Heil bei einem Shamanen, schlenderten durch die Marktgassen und über die Plätze des Samstagmarktes in Otavalo und kamen an einigen Mitbringseln nicht vorbei.

Aufstieg Cayambe (5790 m)

Am Cayambe bringt uns der Bus wieder weit den Berg hinauf. Er wäre noch weiter fahrend geschaukelt, doch ein Reifen war platt. Wir griffen unsere Gipfelrucksäcke mit Schlafsack und Zahnbürste für die Nacht auf der Hütte und schon waren die Fahrzeuge für die steilste Passage da. Der Allrad-Pickup fuhr bis vor die Hüttentür am Refugio Cayambe auf 4600 m und es sah fast ein bisschen wie auf dem Mond aus. Wir richteten unsere Nachtlager auf dicken Matratzen und legten die Ausrüstung für den nächtlichen Aufstieg bereit. Im Gemeinschaftsraum saßen beim Mate de Coca und hielten mit Knoblauch unser Blut weiterhin dünn, da hob sich der Vorhang und die Sonne blitzte durch die Wolken! Wir stürmten aus der Hütte und sahen gebannt und mit überspielter Ehrfurcht auf den Eisriesen Cayambe! Nach kurzer Abendruhe ging es 23 Uhr los zum Gipfel, den wir mit der aufgehenden Sonne erreichen sollten. Der schon weit zurückgezogene Gletscher machte die Steigeisen erst ab ca. 4850 m notwendig. Zur Sicherheit gehen wir jedoch in den Seilschaften am Seil. Sichtbare Spalten tun sich erst viel weiter oben auf, doch sind diese bei den aktuellen Verhältnissen gut abgedeckt und einfach zu überqueren. Die durchschnittliche Steigung von 35-40° zehrt an unseren Kräften und klopft den Durchhaltewillen weich. Beim kurzen Stehenbleiben fiel ich augenblicklich in einen Sekundenschlaf. Die Steigung nimmt endlich ab, doch noch will ich es nicht glauben, erst als ich den flachen Gipfelbereich sehe, macht sich Erleichterung breit. Der Sonnenaufgang fand nur über den Wolken statt, ist dem zu verzeihen und hat auch den Vorteil, dass der Schnee und Firn im Abstieg nicht so aufweichen. Doch plötzlich Aufregung in der Gipfelfreude: Ein Vulkan spuckt eine große Aschewolke gen Himmel! Wir sind bei einem Ausbruch dabei! Und gleich noch eine größere Aschewolke wird ausgespuckt. Unsere Bergführer bleiben cool und ich lese später: Der Reventador gehört zu den aktivsten Vulkanen in Ecuador! Aus dem Wolkenmeer ringsum ragen alle namhaften Vulkane des Andenlandes. Da, Richtung Cotopaxi, unweit des Chimborazo im Süden sollten wir am Abend müde ins Bett fallen und sicher nicht von einem Vulkan träumen. Den Erholungstag in Baños liegen wir nicht auf der faulen Haut, sondern nutzen ihn für einen Ausflug zu einigen Wasserfällen (auch Baden unterm Wasserfall) und gehen auf eine kleine Wanderung im üppig-grünen Tropental.

Carihuayrazo (5009 m) zum Chimborazo (6310 m)

Dem Carihuayrazo (5009 m), welcher einen schrecklich verwitterten Gipfelaufbau hat, nähern wir uns auf einer der schönsten Wanderungen, mit fast ununterbrochenem Blick auf den Chimborazo. Davor in den Wiesen grasen Vicuña´s, eine Lama-Art. Schließlich gelang der Hälfte unserer Gruppe dann auch noch auf einem nächtlichen, windigen Aufstieg der Gipfelerfolg am Chimborazo! Dankbar wünschten wir uns auf der riesigen Gipfelkuppel „Berg Heil“! Sechs aus Sieben, toll war es!

Tipps für Bergerfolge:

  • Konditionell gut vorbereitet anreisen
  • Täglich frischer Knoblauch (gibt’s in jedem kleinen Laden)!
  • Die heimische Küche genießen
  • Als Unterwegsverpflegung Banana-Chips (Chiffles) und geröstete Maiskörner ausprobieren.
  • Immer ausreichend Trinken, abends gern auch das einheimische „Pilsener“.
  • Ausreichend Schlafen, um für die Nachtaufstiege Reserven zu haben.
  • Nach einem Besteigungsabbruch sich auf den nächsten Berg freuen.
  • Auch mal „richtig platt sein dürfen“ und eigentlich keine Lust auf weitere Berge; und es sich dann einfach nochmal anders überlegen 😉

Olaf Schau,
Reiseexperte bei DIAMIR Erlebnisreisen